Nachdem alle Welt und die Nachbarn dazu sich so ihren Kopf darüber zerbrechen wie horrend die finale Staffel war und wie unmöglich das Ende, möchte ich jetzt doch auch meine Senf dazugeben. Völlig entbehrlich wie 99% aller anderen Kommentare, aber wenn die dürfen … kann ich auch meinen Spaß mit meiner persönlichen Betrachtung des Endes haben. ;-)
SPOILERWARNUNG
Ich gehe einfach willkürlich ein paar der Punkte durch, die mir am Finale gefallen oder weniger gefallen haben.
Das Gleichgewicht zwischen Action und ruhigen Sequenzen war nicht gegeben. Phasenweise ist die eine oder andere Episode szenenweise im Kitsch ersoffen. Wie das nach sieben Staffeln passieren konnte? Druck, nehme ich an. Staffel für Staffel hat auf einen immensen Höhepunkt zugesteuert. Selbst für ein Prestigeprojekt wie dieses ist das Budget begrenzt. Also musste man die Zuschauer über die Emotionen packen und die mussten extrem sein – immerhin waren wir schon Dinge wie “Red Wedding” gewöhnt. Auch war wohl klar, dass das der Versuch war, die extremen Kriegsszenen hart zu kontrastieren und auch auf diese Weise Emotionen zu wecken. Das konnte aber nur bis zu einem gewissen Grad funktionieren, alles, was darüber hinausging, geriet zum Kitsch.
Die Wandlung von Daenerys Targaryen der Heilsbringerin zu Daenerys Targaryen der Mad Queen. Nun, ich denke, das war sie nicht, sie war nur besoffen von ihren eigenen Rachegelüsten und der unglaublichen Selbstgerechtigkeit dessen, was sie als ihre Bestimmung sah. Und wie alle Fanatiker sind solche Menschen der Überzeugung, ihr Wissen rechtfertige jede Tat und alle müssen sich ihr unterwerfen oder anschließen. Dass diese Wandlung recht abrupt vonstatten gegangen ist, nun, jein. Funken dieser Selbstgerechtigkeit waren schon in den vorherigen Staffeln immer wieder zu sehen, auch ihre Art des Auftritts, die ihr beinahe etwas Göttliches verliehen hat, gehört meiner Meinung nach schon als Vorbereitung zu ihrer Veränderung.
Dass es trotzdem relativ schnell geschah, hat wohl ganz trivial finanzielle Gründe. Wie weiter oben schon erwähnt, auch HBO konnte nicht unendliche Budgetmittel bereitstellen und das, was sie hatten, haben sie in wenige, exzessive Folgen gepulvert. Was wir letztlich als Zuschauer zu sehen bekommen haben, war für eine Serie schon größenwahnsinnig im Rausch der Effekte und im Bombast.
So gesehen ist Game of Thrones zum Opfer des eigenen Erfolgs geworden. Es musste mehr und noch mehr geboten werden und es waren stets neue, noch mehr überwältigende Schauwerte gefordert und dem entsprechend wurde irgendwo gekürzt, um das Ding nicht außer Kontrolle geraten zu lassen – finanziell. Vielleicht nicht die glücklichste Entscheidung, es so zu tun, dass die Charakterentwicklung darunter leidet, aber im Nachhinein weiß man immer alles besser.
Die zerstörte Stadt, auf die der Schnee fällt, die verbrannte Körper, das geschwärzte Gestein – Bilder aus dem zweiten Weltkrieg standen hier wohl Modell und übertrugen die Traumata Überlebender auf die Zuschauer. In dem Bereich ist die Serie zu einem bis dahin ungeahnten Höhepunkt gekommen. Dass es hier zu ein paar Momenten derben Kitsches kam, ist wieder dem Versuch geschuldet, noch mehr Emotionen ins Bild zu packen.
Game of Thrones ist Fantasy. Am Ende einer Fantasy steht im Großteil der Werke die Wiederherstellung des Gleichgewichts, das am Anfang verloren geht. Das Gleichgewicht, aus dem heraus ein Neuanfang möglich ist, stellt wohl einen der Kernaspekte des Genres dar und in dieser Hinsicht hat Game of Thrones eine tadellose Punktlandung geschafft.
Alles endet mit einem Gleichgewicht der Kräfte, mit einer Ruhe – sei es in der Wiederaufnahme altbekannter Riten (Die Tagungen des Rats), sei es in einem geordneten Neuanfang (der nun unabhängige Norden unter Sansa Stark), oder im Verschwinden eines oder mehrerer zentraler Elemente (Jon Snow, Arya Stark) in der Unendlichkeit. Dieses Gleichgewicht führt dann auch zu einem Herrscher wie Bran Stark. Ein Kompromiss, mit dem alle leben können und die Hoffnung auf eine Periode des Friedens, indem man die Macht des Herrschers auch ein wenig einschränkt.
Von der Inszenierung her ist es auch sehr schön umgesetzt – die Kamera weicht langsam überall zurück (Ratstagung) oder bleibt stehen und lässt die Akteure in den Hintergrund verschwinden (Jon Snow). Das ähnelt sehr dem, was Peter Jackson mit seinem Herr der Ringe am Ende gemacht hat. Der sanfte Rückzug aus der Welt über die Bilder und die Musik.
Für mich war es letztlich ein triumphales und rundum befriedigendes Ende, das im Sinne des Gleichgewichts nicht so viel anders sein konnte. Die Schwächen sind da, meine Güte, wo gibt es denn keine Stolperer? Dass hier die starke Hand einer superioren literarischen Vorlage gefehlt hat, ist klar erkennbar gewesen wie bisher sonst nicht. Aber insgesamt hatte ich meine Freude am Finale und an der ganze Serie.
Und gesehen mit den Augen von jemanden, der selbst schreibt, hatte das Ding auch einen schönen Mehrwert. Jetzt wünsche ich mir eigentlich nur mehr, dass George R.R. Martin es schafft, mit den Büchern irgendwann zu einem Ende zu kommen, damit ich das Ding auch endlich fertig lesen kann. Bis dahin werde ich mir aber sicher nochmal die ganze Serie anschauen.
Jetzt neu: Höllenbrut
Der Beitrag [GEDANKEN]: Game of Thrones erschien am 21.05.2019 auf JohnAysa.net …
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